Catharina Elisabeth von Barckhaus, geb.von Kellner, Franz Lippold (1688-1768) 1748,
Öl auf Leinwand, hmf
Bürgerliche Netzwerke und gemeinnützige Stiftungen
Das gesellschaftliche und soziale Leben war um 1800 durch familiäre und freundschaftliche Beziehungen
strukturiert. Die bürgerlichen Salons bildeten neben den Theater-, Musik- und Lesegesellschaften die
öffentlichen und halb öffentlichen Räume, in denen sich beide Geschlechter zur Pflege dieser Kultur trafen.
Diese neue Geselligkeit funktionierte, weil Frankfurterinnen wie etwa Katharina Elisabeth Goethe,
Marianne von Willemer, Susanna Elisabeth Schönemann oder Maria Anna Cäcilia Gontard sie in Gang hielten.
In solchem Umfeld konnten sich kulturelle Strömungen entwickeln. Ebenso beförderte es die Schaffung bedeutender
Sammlungen und Stiftungen.
Das Sammeln und Stiften erscheint in der Geschichte der Stadtgesellschaften meist als ausschließliche Domäne
männlicher Kunstkenner und Geldgeber. Doch verfügten die Frankfurter Bürgerinnen und Bürger bereits seit 1691
über eine „Stadtbibliothek”, die den Beginn des wissenschaftlichen Sammelns in Frankfurt markiert. Hier hing
das Bildnis der Patrizierin Catharina Elisabeth von Barckhaus als einziges Frauenporträt neben unzähligen
männlichen Stifter-Porträts. Ihrer großzügigen Stiftung verdankte dieses erste „Museum” eine herausragende
Münz-Sammlung sowie einen „Kunstkammerschrank” mit kostbaren kunsthandwerklichen Gegenständen. Auch die
Besitzerin der umfangreichsten zeitgenössischen Gemäldesammlung dieser Zeit in Frankfurt war eine Frau.
Auf den ersten Blick mögen die Patrizierinnen von Cronstetten wie auch von Barckhaus und die Prinzessin von
Anhalt-Dessau wie Einzelfälle erscheinen. Doch der weibliche Anteil an der Frankfurter Sammlungs- und
Stiftungsgeschichte war beachtlich. Er lässt sich seit der Frühen Neuzeit bis in das 20. Jahrhundert verfolgen.
Häufig steckte auch hinter einem Stifter ein Stifterpaar und das ‚weibliche Kapital’ der Ehefrau. Erst in
den letzten Jahren rückte das Frankfurter Sammlungs- und Stiftungswesen in den Blick der Forschung –
möglicherweise heute auch mit der Perspektive auf die Beteiligung der zahlreichen Stifterinnen.
Die gemeinnützige Stiftung der Patrizierin Justina Steffan von Cronstetten erreichte seinerzeit wie auch
heute noch ein breites Spektrum öffentlicher Wirksamkeit. Justina von Cronstettens Stiftungsgründung zählt
durch geschickte Vermögensverwaltung zu den größten Stiftungen Frankfurts. Bis ins 20. Jahrhundert nutzten
die Frankfurterinnen das Stiften und Sammeln als Mittel zur öffentlichen Einflussnahme, da sie bis dahin
eine offizielle Funktion im politischen Leben der Stadt nicht einnehmen durften.
Diese weibliche Tradition des Sammelns und Stiftens setzten Frauen aus namhaften Frankfurter Familien
im 19. und 20. Jahrhundert fort. Sie legten große Kunst- und Kunstgewerbesammlungen an oder gründeten
bedeutende gemeinnützige Stiftungen, die dezidiert für verbesserte Lebensbedingungen des eigenen Geschlechts
eingerichtet waren.
Beeindruckend ist um und ab 1900 die starke Präsenz jüdischer Stifterinnen und Kunstsammlerinnen wie etwa
Hannah Louise Rothschild, Anna Edinger, Marie Pfungst, Rosy Fischer oder May von Weinberg. Dank ihrer
Kennerschaft, ihrer Risikobereitschaft und ihres Engagements leisteten diese Frauen einen bedeutenden
Beitrag zur Weiterentwicklung der Bürgerkultur und der Stiftungsstadt Frankfurt. Ursula Kern